Alexander Zemlinsky (1871 – 1942)

erstellt am: 30.09.2017 | von: MarkusD | Kategorie(n): Unkategorisiert

Zwei Konzerte mit Kammermusik des großen Komponisten.

Vor 75 Jahren, am 15. März 1942, starb Alexander Zemlinsky, einer der bedeutendsten Komponisten seiner Zeit, verarmt und fast vergessen im amerikanischen Exil. In Erinnerung blieb er bestenfalls als Lehrer, Freund und Schwager von Arnold Schönberg, seine Werke hingegen wurden lange Zeit kaum aufgeführt. Wie viele Musiker seiner Generation geriet er gleich zweifach in die Mühlen des Vergessens: von den Nazis war er als Jude diffamiert und vertrieben worden, der Nachkriegs-Avantgarde galt er als konservativ und wurde aus diesem Grund ignoriert.

Erst in den letzten Jahren des 20. Jahrhunderts begann man, seine Bedeutung wieder zu entdecken und zu würdigen. Inzwischen ist der Rang seiner Kompositionen unbestritten, und seine Opern und Orchesterwerke stehen auf den Spielplänen der großen Opernhäuser und Orchester. TRIS hat Zemlinsky seit langem fix im Repertoire, im November gibt es nun Gelegenheit, in zwei Konzerten die gesamte Kammermusik Zemlinskys für Klarinette, Violoncello und Klavier zu hören.

Am 6. November bei unserem alljährlichen Pogrom-Gedenkkonzert auf der Wieden in Wien ist das Thema diesmal „Zemlinsky und das jüdische Wien“. Dabei werden die Fantasiestücke op.9 nach Gedichten von Richard Dehmel in der Fassung für Klarinette und Klavier erklingen, sowie die Sonate für Cello und Klavier in a-Moll. Diese Sonate galt lange als verschollen, man wusste lediglich von der Uraufführung am 23.4.1894 im Wiener Tonkünstlerverein, die Zemlinsky selbst am Klavier zusammen mit dem Cellisten Friedrich Buxbaum spielte. Buxbaum (1869 – 1948) war mit Zemlinsky seit den gemeinsamen Jahren am Wiener Konservatorium befreundet und wirkte bei etlichen (Ur)Aufführungen seiner Werke mit. Er war Mitglied des berühmten Rosé-Quartetts, später des Wiener Streichquartetts, und bis zu seiner Zwangspensionierung und Emigration 1938 Solocellist der Wiener Philharmoniker. Seine letzten Lebensjahre verbrachte Buxbaum im Exil in London.
Im Nachlass Buxbaums fand sich auch das Autograph der Cellosonate. Der Enkel Martin Buxbaum und der Publizist Fritz Spiegel versuchten lange Zeit vergeblich, einen Verlag für dieses Werk zu gewinnen. Erst 2006 wurde es mit Hilfe des Zemlinsky Fonds in Wien möglich, die Sonate endlich zu drucken und somit einem breiten Publikum zugänglich zu machen.
Entstanden ist die Cellosonate in den ersten Monaten des Jahres 1894, zur gleichen Zeit arbeitete Zemlinsky auch an seiner Oper „Sarema“. Während die Oper stark in der Tradition Wagners steht, zeigt sich Zemlinsky in der Sonate – wie oft in seiner Kammermusik – „wienerischer“, von Brahms und Bruckner geprägt. Deutlich ist auch der Einfluss des nur 11 Jahre älteren Mahler spürbar. Zemlinsky gelingt es aber schon in diesem frühen Werk, sich von allen Vorbildern lösend zu einer eigenständigen, überaus farbigen Sprache zu finden.
Außerdem am Programm dieses Konzerts: „Klezmer’s Wedding Music“ von Joachim Stutschewsky und das Trio op.40 von Carl Frühling.

Das Konzert am 22. November im Haus Hofmannsthal in Wien steht unter dem Titel „Wien im Fin de Siècle“. Hier spielen wir Zemlinskys Drei Stücke für Violoncello und Klavier – ebenfalls ein Frühwerk aus dem Jahr 1891 und Friedrich Buxbaum gewidmet – und das berühmte Trio op.3 in d-Moll. Zweifellos orientiert sich Zemlinsky hier an Brahms’ Trio op.114, besonders der erste Satz erinnert in seinem dunkel schwelgerischen, manchmal ins Rauschhafte übersteigerten Gestus an das Vorbild. Der 2. Satz wiederum ist mit seiner „Fantasie“ des Mittelteiles Reminiszenz an Brahms’ Klarinettenquintett op.115. Dem Werk war rascher und großer Erfolg beschieden – nicht zuletzt Dank intensiver Förderung durch Brahms, der Zemlinsky an seinen Verleger Simrock empfahl.
Genau 100 Jahre alt und eine kleine musikhistorische Sensation ist das Trio in e-Moll von Josef Labor, das von TRIS wiederentdeckt wurde und das Programm abrundet. Labor – einer der angesehensten Komponisten und Organisten seiner Zeit –  hat dieses Trio 1917 für seinen Schüler Paul Wittgenstein komponiert. Wittgenstein stand am Beginn einer viel versprechenden Laufbahn als Pianist, als der Erste Weltkrieg ausbrach und er einrücken musste. Er wurde an der russischen Front verwundet und verlor seinen rechten Arm. Dennoch entschloss er sich, seine Pianistenkarriere fortzusetzen. Der Klavierpart von Labors Trio ist also bereits für die linke Hand komponiert und bildet somit den Auftakt zu einer Reihe von Klavierwerken dieser Art, die Paul Wittgenstein u.a. von Hindemith, Ravel, Saint-Saëns, Prokofjew oder Britten gewidmet wurden!

Wann&Wo:
6. November 2017, 19:00 Uhr
Festsaal des Amtshauses Wieden
Favoritenstraße 18, 1040 Wien

22. November 2017, 19:30 Uhr
Haus Hofmannsthal
Reisnerstraße 37, 1030 Wien

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